Éva Mária Fülöp
Die Organisierung und die Bewirtschaftung
des Esterházy-Herrschaftsguts
von Pápa-Ugod-Devecser im 18. Jahrhundert
Der seit dem 17. Jahrhundert mit dem Leben der Stadt Pápa verbundene Esterházy-Besitz hat etwa vor 300 Jahren die Geschichte, die Änderungen des Ortes und seiner Umgebung grundlegend beeinflußt und formiert. In den wirtschaftsgeschichtlichen For-schungen, die organische Teile der Geschichtswissenschaft bilden, spielt die Agrarge-schichte eine herausragende Rolle und da der Großgrundbesitz unter den Wirtschaftsbetrieben in der ungarischen Landwirtschaft und in der landwirtschaftlichen Produktion durch eine lange Zeit determinierend war, hat die sich mit der Geschichte des Groß-grundbesitzes befassende Historiographie eine wichtige Aufgabe. Diese Studie möchte zu dieser Frage auch dadurch beitragen, daß sie die vom Großgrundbesitz fast im Ganzen vernichteten und nur in Fragmenten vorhandenen Quellen in eine Einheit ordnen will.
Aus dem dreier Dominium kam zuerst Pápa in die Hände der weitverzweigten Esterházy-Familie: nämlich durch den Aufstieg des die Familie begründenden Palatin, Miklós Esterházy (1583-1645), der seine Besitzteile in den Komitaten Zemplin und Szabolcs gegen einige Güter seiner Schwägerin, Anna Thelegdy , der Gemahlin von István Nyáry vertauscht hat. Neben der Burg Pápa und den dazugehőrigen Gűtern vermehrte sich das Besitztum der Esterhazy mit diesem Tausch auch durch die Ozora im Komitat Somogy , durch die im Laufe seiner späteren Geschichte bis zuletzt in der Hand des jüngeren Grafenzweiges der Familie, von Forchtenau, verbleibende Burg Gesztes und der dazugehőringen Gűter. Im 18. Jahrhundert kam auch der Großgrundbesitz von Ugod -Devecser der schuldenbelasteten Horváth-Familie von Végla in den Esterházy-Besitz.
Unter den das Dominium besitzenden Familienmitgliedern ragen der Oberste Landesrichter, Graf József Esterházy (1682-1748) und der Bischof von Erlau, Graf Károly Esterházy (1725-1799) hervor. Graf József Esterházy besaß die Güter mit seinem Bruder, dem Tarnakmeister Ferenc Esterházy (1683-1754) zusammen, nachdem sie diese durch Schenkung nach der Besitzkonfiskation von ihrem dritten Bruder, Antal Esterházy , der Ferenc Rákóczi , Prinz von Transylvanien, auch ins Exil gefolgt war, bekommen haben. In diesen ersten Jahren gab es noch keine Möglichkeiten, um Wirtschaftszweige mit bedeutenden Aufwendungen, und Investitionen mit erforderlichem Sachverständnis verwirklichen zu können. Man konzentrierte sich vor allem auf die Leitung der Wirt-schaft und auf die Erschaffung der organisatorischen Rahmen. Unter den Einnahmen sind in erster Linie die Getreide-und Holzverkäufe und aus dem speziellen Charakter des Großgrundbesitzes folgend die Weidenverpachtung und die Schweinezucht im Bakony -Gebirge, weiterhin der Gewinn aus dem Weinverkauf zu erwähnen.
Die Güter gingen von dem kinderlos gestorbenen Sohn des Grafen József Esterházy , des Älteren an die Kinder von Ferenc Esterházy über. Nach 1762 hat von den drei Söhnen der im Diplomatendienst stehende Miklós Esterházy , der Begründer des Familienzweigs von Dotis den Großgrundbesitz von Dotis und Gesztes bekommen. Der Ahne des Familienzweigs von Cseklész, Ferenc Esterházy, königlicher Hofkanzler, war der Herr über das Dominium von Sempte und Cseklész. Endlich, besaß der jüngste Bruder Károly zuerst als Bischof von Waitzen, später von Erlau die Güter von Pápa-Ugod -Devecser.
Seit den 1740er Jahren ist ein langsamer Fortschritt in der Bewirtschaftung der Güter zu verzeichnen. Infolge der vorteilhaften Änderungen in den Verkaufsmöglichkeiten sind in der ungarischen Landwirtschaft neue Bestrebungen auf den Gütern zu beobachten: Man versucht die bis dahin verpachteten Regalien wieder zu bekommen. Es nurden neue Gasthäuser, Keller, Bier- und Branntweinhäuser, moderne Granarien gebaut, die Zahl der –Melker-Schweizereien wuchs. Nachdem das Gut von Pápa-Ugod -Devecser nach der Abtrennung des Teiles von Sempte – die Bezahlung gewisser Renten ausgenommen – ausschließlich in die Hände von Károly Esterházy gekommen war, hat der Bischof den Regenten, Ferenc Balogh (1708-1765), einen der besten Wirtschaftsfachmänner jener Zeit, zur Leitung seiner Güter aufgefordert.
Die Tätigkeit von Ferenc Balogh hat sich fast über den ganzen Besitz der jüngeren gräflichen Familienlinie von Forchtenau in Transdanubien erstreckt (die Dominien von Dotis-Gesztes , Sempte , Pápa-Ugod -Devecser) und zur Zeit der Vakanz des erzbischöflichen Stuhles von Gran, eben nach dem Tode von Graf Imre Esterházy (1725-1745), hat er im Auftrage der Ungarischen Hofkammer 3 Jahre auch diese Güter verwaltet. Der Einfluß seiner Tätigkeit hat sich auch auf die Gegend jenseits der Theiß, einerseits durch seine Ratsschläge im Zusammenhang mit den Benefizien des Erlauer Bischofs, Graf Károly Esterházy , andererseits durch die bei ihm studierten, dortigen Wirtschaftsfachmänner ausgewirkt.
In der Tätigkeit von Ferenc Balogh erschließt sich die der ganzen Epoche gleichende, auf Erfahrungen beruhende Bewirtschaftung. Aber eben aufgrund des Einflusses der seit der Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgten Veränderungen, die zur Einbürgerung der Elemente der intensiven Anbauung führten, wurde die Hebung des Niveaus der wirtschaftlichen Kenntnisse eine Voraussetzung zur Verwirklichung der neuen Technologie. Die bis dahin nur auf Erfahrungen beruhende Wirtschaft wendet sich allmählich der Theorie zu. In dieser eigenartigen Übergangsepoche, am Ende des Jahrhunderts beginnt – zum ersten Mal in Europa – der Agrarfachunterricht an der Hochschule, der Vorläufer für die Ausbildung von herrschaftlichen Fachleuten und gleichzeitig werden in den verschie-denen wirtschaftlichen Offizien des Dominiemo von Dotis neben den einzelnen Würdenträgern unter der Aufsicht von Ferenc Balogh junge Leute mit der altenMethode, die auf der Verwendung von aus der direkten Beobachtung gewonnenen Erfahrungen beruht, als Praktikanten für die Wirtschaftslaufbahn vorbereitet.
Um die Mitte des Jahrhunderts wurde eine gut entwickelte, die Form der klassischen Verwaltung des Großgrundbesitzes wiederspiegelnde Organisation ausgebaut, die auch die Urbarialregulierung von Maria Theresia im Jahre 1767 ungebrochen überlebt hat und sich auch in der nächsten Periode als geeignet erwies. Außer der während der Urberialregulierung allgemein eingeführten Zahlung des Neunten und der durch Bezahlung aufhebbaren Fronarbeit verursachten die sich verschärfenden Gegensätze zwischen den Oppidien Pápa und Ugod und dem Großgrundbesitz die meisten Schwiérigkeiten. Die Wurzeln dieses Gegensatzes gehen bis zu der Türkenzeit zurück, als die praesidiani gegen Militärdienst von der Steuerzahlung befreit wurden. Unter den drei Grundstücken des Großgrundbesitzes war Pápa das eigentliche Zentrum; die Bewirtschaftung von Ugod wurde von diesem nicht getrennt, wobei die Bewirtschaftung von Devecser ihr untergeordnet war. Die wahre Bedeutung des Devecser Grundstückes lag in seiner Nähe zu den herrschaftlichen Weinbergen am Plattensee, zum bedeutenden Ausbau der anderen Zweige der Landwirtschaft und zur Produktionssteigerung in den Meierhöfen kam es erst im letzten Drittel des Jahrhunderts.
Man kann aber gar nicht so ein positives Bild über die Wirtschaft machen. Die Schritte im Interesse eines intensiveren Anbaus gerieten ins Stocken und sowohl die Entwicklung einer intensiveren Bewirtschaftung als auch der Ausbau der einen größeren Aufwand erfordernden Wirtschaftszweige stießen auf Hindernisse. Auch brach der zur Zeit der Verwaltung von Ferenc Balogh spürbare Aufschwung der Forstbewirtschaftung ab. All dies weist darauf hin, daß hinter der Entwicklung des Bargeldumlaufs und der Warenproduktion eine stark autarkische Wirtschaft stand, selbst im Falle eines in der Nähe der Donau, der militärischen –Magazine von Raab und Komorn und der Absatzmärkte von Preßburg und Wien günstig liegenden Großgrundbesitzes.