Anna Ács
Kapitel aus dem Volksleben der Stadt Pápa
Es ist keine leichte Aufgabe heutzutage, in unserem Zeitalter, wo so langsam alle niveauillierenden, speziellen Eigenarten der Lebensführung verschwinden, über charakteristische Wohn-, Kleidung-, Mahlzeitsitten, über Gebräuche einer Region zu sprechen. So langsam gibt es nämlich keine mehr, ja – besonders in den Städten – gibt es heute schon gar keine mehr. Mit diesen Sätzen leitete Ede Martonfalvay jr. im Jahre 1905 in der Monographie –Universale Beschreibung der Stadt Pápa das Kapitel über das Leben des Volkes in Pápa ein. Und tatsächlich, er konnte schon damals, am Anfang dieses Jahrhunderts kaum –einen avitischen Charakterzug in der Lebensweise der Bauern und Handwerker unter den Stadtbewohnern finden. Nach etwa dreißig Jahren schrieb dr. Ferenc Tóth folgendes: –Über ethnographische Charakterzüge auf dem inneren Gebiet der Stadt können wir nicht mehr sprechen. Heute hat alles um uns schon einen städtischen Charakter. Es taucht also mit Recht die Frage auf: hat der Ethnograph unserer Zeit am Ende des 20. Jahrhunderts überhaupt noch eine Chance irgendwelche Reliquien der endgültig verschwundenen traditionellen Volkskultur in Pápa zu finden? Und das zu einer Zeit, wo infolge der entwickelten Kommunikationstechnik unserer Tage die traditionelle Bildung im ganzen Lande sehr stark zurückgedrängt wurde? Der Ethnograph von heute kann nur aufgrund der Erinnerungen der älteren Einwohner der Stadt Pápa und der schriftlichen Quellen das Leben der Stadtbevölkerung zur Zeit der Jahrhundertwende und in den ersten Jahrzehnten des Jahrhunderts in großen Zügen rekonstruieren. Zu dieser Zeit haben die Einwohner von Pápa, die auf einem Dorfniveau, unter dörflichen Umständen gelebt haben, noch eine gewisse Einheit gebildet in der sog. Unterstadt und in den Randstraßen der Oberstadt.
Sagen im Zusammenhang mit dem Namen der Stadt und mit einigen Häusern der Innenstadt sind noch bekannt. In mehreren Liedern aus der –Kurutzzeit kommt der Name Pápa immer wieder vor. Es blieben auch Geschichten über die Vernichtung der Stadt durch das französische Heer im Jahre 1809 erhalten. Das Lied mit der Anfangszeile –Söprik a pápai utcát- (ung.: –Man kehrt die Pápaer Straßen- ), das auch heute noch viel gesungen wird und das den Namen von Pápa im ganzen Land bekannt machte, ist mit den Honveds von Kmetty aus der Zeit der Bürgerrevolution und des Freiheitskampfes 1848-49 verbunden.
Pápa, als eine am Randgebiet, bzw. am Treffpunkt von Kisalföld und des Bakonygebirges liegende Stadt, war weit und breit wegen seiner Märkte berühmt. In der Stadt wurden ab dem 17. Jahrhundert, vielleicht auch noch früher, sieben Landesmärkte abgehalten. Von diesen Sieben wurden Sechs an den verschiedenen Maria-Feiertagen veranstaltet. Der größte Markt war in Pápa Anfang September, zu Mariä-Geburt. Am ersten Tag des Landesmarktes, am Dienstag, war immer der Tiermarkt, am nächsten Tag der Krammarkt. Die Pápaer Tiermärkte zählten aufgrund des Umsatzes und der Anzahl der verkauften Tiere zu den ersten in Transdanubien, aber auch im Lande folgten sie gleich nach Debrecen . Einen lebhaften und großen Umsatz hatte auch der Pápaer Getreidemarkt, wo man das Getreide der Pápaer-Ebene verkaufte. Aber hierher brachte man auch den Ge-treideüberschuß von Marcalmellék , Somló -Gebiet und Raab-Zwischenland.
Die Wochenmärkte, am Freitag und Dienstag, versorgten die Bewohner der Stadt mit Lebensmitteln, die man aus den umliegenden Dörfern, aus den Weingärten, Obstgärten und –Bergen im Pápaer Hotter oder aus Tókert gebracht hat. Die Möhren aus Pápa wurden auch in den benachbarten Komitaten sehr gerne gekauft.
Auf den Jahrmärkten und Wochenmärkten verkauften die Handwerker, die Gewerbetreibenden der Stadt und der Umgebung ihre Produkte. Es kamen die berühmten Pápaer Pfefferkuchenbäcker, die Blaufärber, vor allem die der Firma Kluge , die Töpfer, die bis zum Ausbau des Wasserleitungssystems zum Transportieren und Speichern des Tapolcaer Trinkwassers in großer Menge Krüge gefertigt haben, Messerschmiede, unter denen der berühmteste in der zweiten Hälfte des voriges Jahrhunderts András Tanzer war. Aus den Wäldern des Bakonygebirges brachte man das Brennholz auf den Pápaer Holzmarkt. Am Anfang der vierziger Jahren hat man schon versucht, die Märkte, die in allen Teilen der Stadt ihren Platz hatten, zu vereinigen und zugleich den Markt auf dem Hauptplatz der Stadt zu liquidieren.
Bis zu den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts hat man in Pápa jährlich zwei nennenswerte Kirchweihen und damit verbundene Märkte abgehalten: die Kirchweihe der Anna -Kirche und die –Porciumkulaer Kirchweihe der Franziskaner. Auch die Prozessionen und die Zeller Wallfahrten hatten in der Stadt eine große Tradition. Die eigenartige Stimmung der Bauermühlen in Tapolca gehören ebenfalls schon völlig der Vergangenheit am. Im Blaufärber-Museum der Stadt sind Gegenstände und schriftliche Dokumente der Firma Kluge auf ihrem originalen Platz ausgestellt und zwar im Gebäude des einstigen Betriebes. In der Sammlung von Endre Györy und Gemahlin gibt es sehr viele schöne und wertvolle Gegenstände im Zusammenhang mit der Lebensweise der Bewohner der Stadt und Umgebung. Der Zuckerbäcker István Varga , der seit der Pariser Ausstellung im Jahre 1990 schon weltberühmt ist, bemüht sich, die Pápaer Lebzelter-traditionen fortzusetzen und zu erneuern.